
La Rumeur
Bio- und Diskografie von La Rumeur
Musikrichtung: Rap/Hip-Hop
- Herkunftsort: Élancourt, Maurepas (Großraum Paris) & Perpignan (Frankreich)
- Nationalität: Frankreich
- Musikkarriere: seit 1995
- Offiziele Website: https://linktr.ee/larumeur
Biografie:
La Rumeur: Die Stimme des Widerstands im französischen Rap
Wenn man über französischen Rap spricht, fallen oft Namen wie IAM, NTM oder Booba. Doch es gibt eine Crew, die sich konsequent außerhalb der gängigen Formate bewegt und seit Jahrzehnten für kompromisslose Inhalte, politische Texte und eine eigenständige Ästhetik steht: La Rumeur. Die Gruppe aus der Pariser Banlieue hat Hip-Hop in Frankreich nicht nur musikalisch geprägt, sondern auch kulturell, gesellschaftlich und politisch Spuren hinterlassen. Statt schnellen Hits und Radioplays setzten sie auf Tiefe, Unabhängigkeit und eine klare Haltung.
La Rumeur ist kein Projekt für den schnellen Konsum – es ist ein Kollektiv, das den Hip-Hop als Werkzeug versteht, um Missstände sichtbar zu machen. Ihre Alben sind wie Chroniken der französischen Gesellschaft, ihre Texte wirken wie Essays in Reimform.

Die Anfänge – Von Ultime Coalition zu La Rumeur
Die Anfänge von La Rumeur reichen bis in die Mitte der 1990er-Jahre. Zunächst unter dem Namen Ultime Coalition aktiv, fanden Ekoué, Le Bavar und Mourad (alias Le Paria) zusammen. 1995 kam Hamé hinzu, der aus Perpignan nach Paris gezogen war. Mit dieser neuen Formation wurde der Name geändert: La Rumeur war geboren.
Schon früh zeichnete sich ab, dass sie keine typische Rapgruppe sein würden. Während andere Crews nach schnellen Erfolgen strebten, setzten sie auf Texte mit Tiefe und gesellschaftlichem Gewicht. Besonders Ekoué fiel auf, als er mit Rockin’ Squat von Assassin den Titel „L’Odyssée suit son cours“ veröffentlichte – ein Vorgeschmack auf das, was mit La Rumeur folgen sollte.
Bildung trifft Rap – Der intellektuelle Unterbau
Was La Rumeur von vielen anderen Rap-Crews unterscheidet: ihre Mitglieder bringen nicht nur Straßenpoesie, sondern auch Uni-Wissen mit:
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Ekoué studierte Politikwissenschaft und Rechtswissenschaft, schrieb eine Dissertation über Wahlenthaltung in französischen Problemvierteln und brachte dieses Wissen in seine Texte ein.
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Hamé studierte Kino und Soziologie, verbrachte Zeit an der renommierten NYU Tisch School of the Arts und beschäftigte sich tiefgehend mit Medien, Kultur und Gesellschaft.
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Le Bavar absolvierte einen Master (Master 2) in Management und Kulturorganisation an der renommierten Universität Paris Dauphine.
Dieser Background zieht sich durch ihre Musik: Ihre Texte klingen wie scharfkantige Manifeste, verpackt in Beats und Reime, gespickt mit Anspielungen auf Kolonialgeschichte, Gesellschaft und das Leben in der Banlieue.

Die erste Trilogie – Rap als Waffe
Zwischen 1997 und 2000 legte La Rumeur mit drei „Volets“ (EPs) das Fundament für ihren späteren Kultstatus.
Le Poison d’avril (1997): Ekoué sprach hier erstmals laut über afrikanische Wurzeln und das Leben der zweiten Migrantengeneration in Frankreich – Themen, die damals im Rap kaum jemand anrührte.
Le Franc-Tireur (1998): Hamé brach Tabus, indem er Kolonialverbrechen in den Fokus rückte und über das bis dahin totgeschwiegene Massaker vom 17. Oktober 1961 rappte. Ein echtes Statement – politisch wie künstlerisch.
Le Bavar & le Paria (1999): Mit Le Bavar und Mourad kam die Crew endgültig als Einheit zusammen und brachte ein drittes Kapitel, kompromisslos, roh und ohne Rücksicht auf den Mainstream.
Trotz Boykott von großen Radios wie Skyrock fanden die Platten ihren Weg zum Publikum – ein Beweis, dass La Rumeur lieber auf Haltung setzt als auf schnelle Airplay-Hits.
Die Alben – Gesellschaft im Brennglas
Nach den drei EPs machte La Rumeur ernst und brachte drei Alben raus, die ihren Ruf als intellektuelles Rückgrat des französischen Rap endgültig festigten:
L’Ombre sur la mesure (2002) – ein dunkles, kompromissloses Debüt, das das Leben in den Banlieues ohne Filter auf den Punkt brachte.
Regain de tension (2004) – entstanden mitten in einer angespannten politischen Lage. Parallel dazu lief ein Prozess gegen die Crew, angestoßen vom französischen Innenministerium. La Rumeur musste ihre Texte vor Gericht verteidigen – und gewann.
Du cœur à l’outrage (2007) – das dritte Kapitel klingt zugleich gereift, erschöpft und kämpferisch. Es spiegelt die Unruhen von 2005 wider und hält die Wut wie auch die Müdigkeit einer ganzen Generation fest.
Mit Tout brûle déjà (2012) meldete sich die Crew nach einigen Jahren mit neuer Energie zurück – schärfer in der Analyse, aber immer mit derselben kompromisslosen Haltung gegenüber Politik und Gesellschaft.
Comment rester propre ? (2023) führt diesen Weg konsequent fort: ein wuchtiges, reflektiertes Werk, das Fragen nach Integrität, Identität und Widerstand im modernen Frankreich stellt.
Diese Alben sind mehr als Musik: Sie sind wie Zeitdokumente, eng verwoben mit der politischen Stimmung in Frankreich. La Rumeur erzählt darin die Geschichten von Migranten, Arbeitervierteln und urbaner Jugend auf eine Art, die bis heute einzigartig bleibt.

Mehr als Musik – Film, Bücher, Kultur
Ab 2011 schlug La Rumeur neue Wege ein und brachte ihre Haltung auch abseits der Musik zum Ausdruck. Mit dem Fernsehfilm „De l’encre“ (Canal+) erzählten Hamé und Ekoué die Geschichte einer Rapperin, die zwischen Realness und kommerziellem Druck zerrieben wird – ein Plot, der sich wie ein Spiegel ihrer eigenen Erfahrungen liest.
2015 folgte mit „Les Derniers Parisiens“ (Die letzten Pariser) ein Spielfilm, der im Herzen von Pigalle spielt und von der Kritik gefeiert wurde.
2023 legten Hamé und Ekoué mit „Rue des Dames“ nach – einem intensiven Sozialdrama über Mia, eine 25-jährige Angestellte in einem Nagelstudio im 18. Arrondissement von Paris, die ungewollt schwanger wird und zwischen Geldsorgen, Wohnungssuche und einer riskanten Idee ihren eigenen Weg finden muss. Der Film feierte 2022 beim Festival d’Angoulême Premiere und kam im Dezember 2023 in die französischen Kinos.
Doch damit nicht genug: La Rumeur veröffentlichte auch Bücher und eigene Magazine – weitere Plattformen, um ihre politische Haltung und künstlerische Vision kompromisslos weiterzutragen.

30 Jahre La Rumeur – Konzerte, Jubiläen, Kontinuität
Trotz Boykott, Prozessen und jeder Menge Gegenwind blieb La Rumeur ein fester Anker in der französischen Hip-Hop-Szene. 2007 feierten sie ihr zehnjähriges Bestehen mit einem großen Konzert im Trabendo in Paris, 2015 legten sie nach und blickten mit einer energiegeladenen Show auf 20 Jahre Rapgeschichte zurück.
Heute besteht La Rumeur aus Ekoué, Hamé und Le Bavar, begleitet von DJ Soul G, der mit seinen Beats und Cuts den charakteristischen Sound der Gruppe live wie im Studio prägt.
Und auch wenn ihre Releases nie die Charts sprengten, ist ihr Einfluss unübersehbar: La Rumeur bleibt bis heute ein Vorbild für Künstler, die Authentizität, Politik und Kunst miteinander verweben wollen – kompromisslos, unabhängig und ohne Filter.
La Rumeur als Chronisten einer Generation
La Rumeur ist längst mehr als eine Rapcrew – sie sind Chronisten, Aktivisten und Künstler in einem. Während viele Acts zwischen Kommerz und Authentizität schwanken, haben sie immer ihre Unabhängigkeit verteidigt. Ihre Texte sind unbequem, voller Geschichte, Philosophie und Sozialkritik – und haben den französischen Rap aus der Schublade von Club-Hits befreit, hin zu einer literarischen, politischen Kunstform.
Wer La Rumeur hört, bekommt keinen leichten Soundtrack für Partynächte, sondern ein musikalisches Manifest: ein Soundtrack zum Nachdenken, zum Verstehen der französischen Gesellschaft, zum Spüren der Spannungen einer ganzen Generation. Sie zeigen, dass Rap nicht nur Unterhaltung ist – sondern auch ein Werkzeug für Widerstand, Erinnerung und Veränderung.
Diskografie:
1997
Volet 1: Le Poison d’Avril EP
1998
Volet 2: Le Franc-Tireur EP
1999
Volet 3: Le Bavar & le Paria EP
2002
L’Ombre sur la Mesure
2004
Regain de Tension
2007
Du Cœur à l’Outrage
2007
1997-2007 Les Inédits
2012
Tout Brûle Déjà
2013
Les Inédits 2
2015
Les Inédits 3
2023
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5 Songs:
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